प्रातःस्मरणस्तोत्रम्

prātaḥ-smaraṇa-stotram

Erinnerung bei Sonnenaufgang

Frank Nārada Ziesing

Als Autor dieser vedāntischen Hymne gilt Śaṅkaracarya

Oṃ |
prātaḥ smarāmi hṛdi saṃ-sphurad ātma-tattvaṃ
sac-cit-sukhaṃ parama-haṃsa-gatiṃ turīyam |
yat svapna-jāgara-suṣuptim avaiti nityaṃ
tad brahma niṣ-kalam ahaṃ na ca bhūta-saṃghaḥ || 1 ||

Bei Sonnenaufgang erinnere ich mich an die im Herzen aufleuchtende Wahrheit des eigenen Wesens,
welche Sein-Bewusstsein-Glück ist, Zuflucht der höchsten Yogis, der vierte Zustand,
welche stets hinabsteigt in [die Zustände von] Traum, Wachen und Tiefschlaf,
dieses Brahman ohne Teile bin ich und nicht eine Zusammenstellung materieller Elemente.

prātaḥ adv bei Sonnenaufgang smarāmi 1 sg präs erinnere ich mich hṛdi lok sg n im Herzen sam-sphurat akk sg n ppräs an die aufleuchtende ātma-tattvam akk sg n das eigene Wesen, Wahrheit des Ātman sat-cit-sukham akk sg n Sein-Bewusstseins-Glück parama-haṃsa-gatim akk sg f der Gang/das Ziel der Paramahamsas turīyam akk sg n den vierten Zustand yat nom sg n welches svapna- Traum jāgara- Wachzustand suṣuptim akk n sg Tiefschlaf avaiti 3 sg präs es steigt hinab nityam adv stündig, regelmäßig tat nom n s das brahma nom n sg Brahman niṣ-kalam nom n sg ohne Teile, ungeteilt aham nom sg ich na nicht ca und bhūta- materielles Element saṃghaḥ nom m sg Vereinigung, Schaar

prātar bhajāmi manasā vacasām agamyaṃ
vāco vibhānti nikhilā yad-anu-graheṇa |
yan neti neti vacanair nigamā avocaṃs
taṃ deva-devam ajam acyutam āhur agryam || 2 ||

Bei Sonnenaufgang verehre ich das von Gedanken und Worten Unerreichbare,
durch dessen Gnade alle Worte entstehen,
welches die heiligen Texte mit den Worten „Nicht dies, nicht das“ beschrieben haben,
das sie „Gott der Götter, ungeboren, unerschütterlich“ und „an der Spitze stehend“ genannt haben.

prātaḥ adv bei Sonnenaufgang bhajāmi 1 sg präs verehre ich manasā inst sg n durch den denkenden Geist vacasām gen pl n für Worte a-gamyam akk sg n unerreichbar vācaḥ nom pl f Worte vi-bhānti 3 pl präs erscheinen ni-khilāḥ nom pl f restlos yat- dessen grahena inst sg n durch Gnade yat akk sg n welches na nicht iti also na nicht iti also vacanaiḥ inst pl n mit den Worten nigamāḥ nom pl m die heiligen Texte, vedische Texte avocan 3 pl aorist beschrieben haben tam akk sg m denjenigen welchen deva-devam akk sg m Gott unter den Göttern a-jam akk sg m ungeboren a-cyutam akk sg m unerschütterlich āhuḥ 3 pl perf sie genannt haben agryam akk sg m an der Spitze stehend

prātar namāmi tamasaḥ param arka-varṇaṃ
pūrṇaṃ sanātana-padaṃ puruṣottamākhyam |
yasminn idaṃ jagad-aśeṣam aśeṣa-mūrtau
rajjvāṃ bhujaṃ-gama iva prati-bhāsitaṃ vai || 3 ||

Bei Sonnenaufgang verneige ich mich vor dem, welches jenseits der Dunkelheit ist, von der Farbe der Sonne,
vollkommen, mit Ewigkeit als Merkmal, das höchste Prinzip genannt,
in welchem dieses ganze Universum in vollständiger Manifestation
wahrlich so erschienen ist wie eine Schlange, wo [nur] ein Seil ist.

prātaḥ adv bei Sonnenaufgang namāmi 1 sg präs verneige ich mich vor tamasaḥ abl sg n von der Dunkelheit param akk sg m jenseits arka- Sonne varṇam akk sg m Farbe pūrṇam ppp akk sg m vollkommen sanātana- Ewigkeit padam akk sg m Schritt, Spur, Merkmal puruṣa- Purusha, reines Bewusstsein uttama- höchstes, äußerstes ākhyam ppp akk sg m genannt yasmin lok sg m in welchem idam nom sg n dieses jagad- Welt aśeṣam nom sg n ohne Rest, gesamt aśeṣa- restlos mūrtau lok sg m Manifestation rajjvām lok sg f in einem Seil bhujam-gamaḥ nom sg m Schlange iva adv wie prati-bhāsitam ppp nom sg n erschienen vai wahrlich